Neues Interview mit Press bei "transfermarkt"

  • [EDIT vom Commander] Bei so einem langen Interview tut es das nächste Mal auch ein Link! Der Artikel ist in den Foren immer sehr schlecht lesbar.

    Für alle die sich gerne mit Jürgen Press beschäftigen:


    Jürgen Press ist ein Fußball-Globetrotter. Der gebürtige Ingolstädter arbeitete u.a. bereits in Brasilien, Costa Rica und Kuba und war auch in Deutschland als Trainer aktiv. Zuletzt trainierte Press den Zweitligisten FC Ingolstadt 04, bevor er dort von Thorsten Fink abgelöst wurde.

    Transfermarkt.de: Herr Press, Sie waren ca. dreieinhalb Jahre Trainer des FC Ingolstadt und haben den Verein aus der Bayernliga in die Regionalliga geführt. Dort lagen Sie dann auch rechts aussichtsreich im Rennen um den weiteren Aufstieg und sind dann am Neujahrsmorgen 2008 relativ überraschend entlassen worden. Wie kam es dazu?

    Jürgen Press: Wie Sie schon sagen: Es war für mich völlig überraschend. Ich bin auch dem Urlaub zurückgekommen - wir lagen auch nur drei Punkte hinter einem Aufstiegsplatz – und da habe ich dann die Mitteilung bekommen, dass ich beurlaubt bin.

    Transfermarkt.de: Gab es eine Begründung?

    Jürgen Press: Nein, es gab keine Begründung. Es war einfach so, dass ich beurlaubt worden bin, mein Vertrag aber weiterläuft. Und so musste ich das hinnehmen.

    Transfermarkt.de: Seitdem sind Sie vereinslos. Gab es bisher noch keine interessanten Angebote oder wollten Sie erst mal ein bisschen Pause machen?

    Jürgen Press: Natürlich gibt es hin und wieder mal Angebote. Man hört sich die an, man selektiert. Und ich hoffe natürlich schon, dass ich vielleicht in der neuen Saison dann wieder eine interessante Aufgabe übernehmen kann.

    Transfermarkt.de: Also gibt es schon ein paar Vorgespräche.

    Jürgen Press: Die gibt es, aber es ist noch nichts spruchreif.

    Transfermarkt.de: Aber Wolfsburg ist es nicht. Die suchen ja auch gerade…

    Jürgen Press: (lacht) Wolfsburg ist es nicht, nein.

    Transfermarkt.de: Ingolstadt, ihr Ex-Verein, steht im Moment ja nicht ganz so gut da. Aktuell belegt man den 17. Platz und eigentlich sind die Chancen auf den Klassenerhalt nur noch theoretisch vorhanden. Fühlt man da noch ein bisschen mit als Ex-Trainer oder lässt einen das relativ kalt?

    Jürgen Press: Nein, es schmerzt. Ich habe ja die Mannschaft mit aufgebaut und war ab der Vereinsgründung mit dabei, wir haben sehr viele Erfolge gehabt und jetzt muss ich mit ansehen, wie es sportlich leider nicht mehr klappt. Es tut weh, dass der Höhenflug schon wieder beendet ist und der Verein jetzt wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden ist.

    Transfermarkt.de: Man spricht bei Ingolstadt häufig auch von großem Potenzial, Audi ist in der Gegend. Man munkelt immer, dass der Verein nicht zu den ärmsten der Liga gehört. Steckt da wirklich viel Finanzkraft hinter? Oder das doch eher nur ein kleiner Verein und die Geschichte ist nicht so ganz wahr?

    Jürgen Press: Ingolstadt ist momentan schon noch ein kleiner Verein. Aber ein aufstrebender Verein mit viel Potenzial und ich glaube schon, dass da noch vieles möglich ist in Zukunft. Es wird ja auch ein neues Stadion gebaut. Ich glaube 2011 sollte es fertig sein. Und das sind alles so Schritte, die den Verein in der Zweiten Liga etablieren lassen können.

    Transfermarkt.de: Aber dafür muss es dann erst mal wieder hochgehen…

    Jürgen Press: Das ist richtig, ja.

    Transfermarkt.de: Sie haben ja auch beim MTV Ingolstadt, dem Lokalrivalen, trainiert, dort als Jugendtrainer ihre Karriere begonnen und sind dann zu den Bayern gegangen…

    Jürgen Press: Ja, dann hatte ich das Glück, von Bayern München ein Angebot zu bekommen und war dann vier Jahre Jugendtrainer bei Bayern München.

    Transfermarkt.de: Trainer bei den Bayern und dann geht man freiwillig wieder weg? Oder war das eher unfreiwillig?

    Jürgen Press: Es war zu der Zeit, wo die Jugendarbeit bei Bayern noch nicht so hochprofessionell war, sprich dass alle Trainer hauptamtlich gearbeitet haben. Ich war zu der Zeit noch bei der Audi AG beschäftigt, es war also ein Teilzeitberuf, und ich wollte mich eigentlich noch nicht so festlegen und das Risiko eingehen, in meinen jungen Jahren Fußballtrainer zu werden. Ich bin deshalb noch die sichere Schiene mit der Arbeit bei Audi gefahren und habe zudem dann vier Jahre lang ein bisschen Auslandserfahrung gesammelt, was mir im – so glaube ich - im Nachhinein ganz gut getan hat.

    Transfermarkt.de: Ich habe das auf Ihrer Homepage gelesen... Es waren durchaus interessante Stationen. Sie haben nicht wie erwartet in England oder Holland hospitiert, sondern Sie waren in Brasilien, auf Kuba und wo noch überall?

    Jürgen Press: Costa Rica, fast der gesamte südamerikanische Raum. Ich hatte das Glück, dass ich bei Bayern München mit Jorginho näher in Kontakt getreten bin. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und er hat mir die Kontakte, hauptsächlich natürlich nach Brasilien und speziell nach Rio, zu Flamengo, vermittelt. Dadurch hatte ich eine Plattform, wo ich einsteigen konnte, um zu hospitieren oder teilweise auch sogar ein bisschen mitzuarbeiten.

    Transfermarkt.de: Aber ist das für einen deutschen Trainer nicht eher eine ungewöhnliche Auslandsstation? Wenn man jetzt zum Beispiel mal Costa Rica nimmt: Ich kann mir vorstellen, dass es dort nicht so professionell zugeht wie in Deutschland. Was kann man als deutscher Trainer da mitnehmen? Sind das eher grundlegende Erfahrungen oder kann man sich da auch vielleicht wirklich die eine oder andere Trainingsmethode abschauen?

    Jürgen Press: Man lernt auf jeden Fall das Improvisieren. Das ist ganz wichtig. Man kann nicht davon ausgehen, dass es wie in Deutschland oder überhaupt wie in Europa ist. Dass alles pünktlich klappt, dass es genau so von statten geht wie man sich das vorstellt. Von heute auf morgen, oder von einer Sekunde auf die andere – auf einmal fehlen Trikots, auch in der ersten Liga. Der Schiedsrichter kommt nicht. Egal was, es passiert immer was.

    Transfermarkt.de: Dann war es sicherlich zumindest interessant.

    Jürgen Press: Man lernt daraus und man muss auch wie gesagt ganz schnell improvisieren und versuchen, dann das Beste aus der Situation zu machen.

  • Transfermarkt.de: Sie sind dann relativ nahtlos zu Jahn Regensburg gegangen.

    Jürgen Press: Richtig, da war ich dann vier Jahre Co-Trainer und durfte auch zwei Aufstiege mit begleiten – in die Regionalliga und in die Zweite Liga.

    Transfermarkt.de: Von da aus sind Sie nach Ingolstadt gegangen. War das auch so ein nahtloser Wechsel? Sind Sie angesprochen worden von Ingolstadt oder wie ist man damals auf Sie gekommen?

    Jürgen Press: Ich hatte das Angebot von Ingolstadt, ob ich nicht mithelfen würde, den Verein neu aufzubauen, neu zu strukturieren. Und sie suchten einen jungen, ehrgeizigen Trainer, der sich aber trotzdem in den Ligen gut auskennt. Und da ich ja schon einige Aufstiege mitgemacht hatte, war ich anscheinend der richtige Mann dafür.

    Transfermarkt.de: Als Co-Trainer eines Zweitligisten sind Sie dann Chef-Trainer eines Bayernligisten geworden. Das ist ja schon ein Rückschritt, oder?

    Jürgen Press: Es war nicht ganz so richtig. Wir sind mit Regensburg in die Zweite Liga aufgestiegen, aber unsere Verträge sind nicht verlängert worden.

    Transfermarkt.de: Welche Gründe hatte das? Ein Aufstieg in die Zweite Liga doch nicht so das schlechteste, was einem Verein passieren kann.

    Jürgen Press: Ich weiß es nicht. Der Vorstand hat sich für andere Trainer entschieden, aber nach dem Jahr ist der Verein auch wieder abgestiegen.

    Transfermarkt.de: Sie waren damals nicht nur Trainer bei Ingolstadt, sondern auch Sportdirektor. Im Prinzip ein Felix Magath der Bayernliga…

    Jürgen Press: Richtig, es war die ersten zwei Jahre eine Doppelfunktion, weil wir natürlich auch vom Budget her nicht die Möglichkeit hatten, uns einen hauptamtlichen Sportmanager zu leisten, darum habe ich das mit übernommen und ich glaube das hat sehr gut geklappt.

    Transfermarkt.de: Diese Doppelfunktion ist ja in Deutschland eher selten. Das ist mehr das englische Modell. Felix Magath macht es so – ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, einen Trainer mit so viel Macht auszustatten? Als Fan hätte ich die Befürchtung, dass er bei einem Wechsel die besten Spieler mitnimmt, weil er alle Verträge und Ausstiegsklauseln kennt.

    Jürgen Press: Ich glaube, wenn ein Trainer einen Spieler mitnehmen will, dann funktioniert das immer. Dann braucht man die Klauseln nicht zu kennen, denn am Ende laufen die Verhandlungen eh über die Vereine oder über die Berater ab. Aber ich glaube schon, dass das Sinn machen kann. Der Trainer ist sowieso das schwächste Glied in einer Mannschaft oder in einem Verein. Und um eine Philosophie durchzusetzen oder zu versuchen, heutzutage erfolgreich zu sein, glaube ich – man sieht es bei Felix Magath jetzt – , dass es schon Sinn machen könnte, wenn man diese Doppelfunktion bekleidet.

    Transfermarkt.de: Andererseits, jetzt geht er ja und es sind zwei Stellen neu zu besetzen. Oder man sucht wieder einen Trainer, der beides gleichzeitig kann. Das ist natürlich auch etwas schwieriger, denn so viele gibt es davon in Deutschland ja nicht.

    Jürgen Press: Das weiß ich nicht. Die Frage ist für Wolfsburg vielleicht interessant. Wie gesagt, ich habe das ja selber in Ingolstadt zwei Jahre erlebt. Es ist vielfach ein einfacheres Arbeiten für den Trainer und die Effektivität und auch die kurzen Wege sind eigentlich so optimal, dass man schon auch Erfolge vorweisen kann.

    Transfermarkt.de: Aber schafft man das zeitlich überhaupt? Trainer ist ein Vollzeitjob, Sportdirektor auch. Zwei Vollzeitjobs in einem Verein – kann man das als Trainer dauerhaft bewältigen? Oder ist das nicht einfach viel zu viel?

    Jürgen Press: Wenn man fußballverrückt ist, dann geht es. Natürlich gibt es da nur noch den 16- bis 18-Stunden-Tag. Es ist schwierig, aber es ist doch machbar.

    Transfermarkt.de: Jetzt sind Sie seit Januar 2008 vereinslos. Wie sehr juckt es da in den Fingern? Wenn man am Wochenende die Bundesliga oder die Zweite Liga verfolgt – kann man das überhaupt ruhig am Fernseher zu Hause? Oder will man dann unbedingt wieder auf seine Trainerbank?

    Jürgen Press: Vereinslos bin ich nicht. Punkt eins: Ich habe noch Vertrag in Ingolstadt bis zum Ende der Saison. Und Punkt zwei: Ich habe jetzt elf Monate am Fußballlehrer-Lehrgang in Köln teilgenommen. Dadurch war die Zeit ausgefüllt und es passt jetzt wunderbar, dass ich ab Juli dann wieder für die Vereine zur Verfügung stehen kann.

    Transfermarkt.de: Und Fremdsprachen haben Sie auch aus Ihrer Zeit in Mittel- und Südamerika mitgenommen. Wäre das vielleicht auch eine Option? Sie sprechen Spanisch, Portugiesisch, Englisch – da steht Ihnen ja fast die ganze Welt offen.

    Jürgen Press: Es ist eine Option. Aber ich würde natürlich am liebsten wieder in Deutschland arbeiten. Ich könnte mir auch einen ambitionierten Regionalligisten oder Drittligisten vorstellen, wo man etwas bewegen kann. Wo der Verein eine Philosophie hat, die sich vielleicht mit meiner deckt, um dann wieder gemeinsam Erfolg zu haben. Wie gesagt, ich bin für alles offen. Ich höre mir jetzt alles mal an und werde mich dann zum Ende der Saison hin entscheiden.

    Transfermarkt.de: Sie haben selbst nie höherklassig Fußball gespielt. Die meisten Trainer sind Ex-Profis – wie schwer ist es da, sich bei einem Verein zu bewerben oder sich gegen Ex-Profis durchzusetzen, die vielleicht nicht das Hintergrundwissen, aber den größeren Namen haben?

    Jürgen Press: Es ist sehr schwer. Man muss sich ja erst mal einen Namen machen über die Leistung, über die Erfolge. Und für jeden Trainerkollegen, bei dem es so war, dass er nicht höherklassig gespielt hat, ist es selbstverständlich um ein vielfaches schwerer. Ein Ex-Profi hat den Namen, und den Bonus, dass er wie gesagt schon mal höherklassig gespielt hat und man geht immer davon aus, dass ein sehr guter Fußballer auch ein guter Trainer ist, was ja nicht stimmt. Man braucht sich ja nur die Größen anschauen: Ein Mourinho, ein Benitez, ein Sacchi – diese Trainer haben ja alle nicht professionell gespielt. Aber für uns Trainer, die nicht höherklassig gespielt haben ist es insofern schwer, dass man sich erst Erfolge erarbeiten muss, auf die man dann aber natürlich auch verweisen kann.

    Transfermarkt.de: Sie waren lange Zeit Jugendtrainer bei Ingolstadt und bei den Bayern. Wie wichtig ist das für Ihre Trainerphilosophie, die Jugend auch mit einzubinden. Schafft man das als Trainer von einem kleinen Verein überhaupt noch, sich dann auch noch um die Jugendarbeit zu kümmern?

    Jürgen Press: Im geringen Maße. Aber meine Meinung ist, dass der Verein immer die Philosophie vorgeben muss. Und dementsprechend sollte man sich einen Trainer suchen, der diese Philosophie mit verwirklichen kann und auch die gleiche hat. Und dann könnte ich mir vorstellen, dass das sehr gut funktioniert. Aber sich dann noch explizit um die Jugendarbeit zu kümmern – das ist natürlich sehr schwer.

    Transfermarkt.de: Aber wichtig ist die Jugendarbeit für kleine Vereine? Wahrscheinlich schon noch in höherem Maße als für große Vereine, oder?

    Jürgen Press: Extrem wichtig! Aber zum Glück laufen ja auch vom DFB sehr viele Modelle an, mit den Förderungs- und Leistungsstützpunkttrainings usw., wo man schon versucht, den kleinen Verein Unterstützung zu gewähren.

    Transfermarkt.de: Funktioniert das denn mit diesen DFB-Leistungszentren? Ist das ein Prinzip, das funktioniert oder ist das eher Aktionismus, so dass das am Ende doch keine Früchte tragen wird?

    Jürgen Press: Ich glaube schon, dass das Sinn macht. Und man sieht ja auch an den jüngsten Erfolgen unserer U-Nationalmannschaften, dass das, was der Matthias Sammer da jetzt eingeführt hat, allmählich greift und dass wir nicht nur wieder junge, talentierte deutsche Fußballer herausbringen, sondern auch als DFB-Teams wieder erfolgreich sind. Das ist ja eng miteinander verbunden und ich glaube schon, dass uns das weiterhilft.

    Transfermarkt.de bedankt sich herzlich für das Gespräch.

  • zu dem interview gibts schon einen link in OffTopic-Bereich Interessantes vom EX

    Einmal editiert, zuletzt von Askahal (13. Mai 2009 um 21:08)

  • Zitat

    Original von Askahal
    zu dem interview gibts schon einen link in OffTopic-Bereich Interessantes vom EX

    deshalb...
    close